/ FALs virtuelle Welt / Unterwegs auf dem Via Francigena

Ein Reisebericht (16. Tag)


Was war denn das? Mitten in der Nacht wachte ich auf, das fing doch nun nicht etwa an zu regnen? Doch genau so war es. Also erst mal den Schlafsack trocken legen, dafür hatte ich ja einen Müllbeutel mitgenommen, den Rucksack unter einen Busch und mich selbst in eine Regenjacke. Dann mal das Handy einschalten, wie spät ist das überhaupt? Aha, drei Uhr. War es das nun? Sollte ich umdrehen und mit dem Zug von Siena aus nach Hause fahren? Was ich auch vor hatte, ich musste es tun, denn nun noch drei Stunden, bis es hell wird, hier zu sitzen hat keinen Sinn. Also packte ich alles ein, fand sogar mein Messer, das mir in der Eile des Aufstehens aus der Tasche gerutscht war mit Hilfe der Displaybeleuchtung meines Handys wieder, und auf der Straße stehend überlegte ich immer noch: links oder rechts. Das Rechts siegte und so lief ich weiter in den Süden.
Landkarte Am nächsten Bauernhof stellte ich mich erst mal etwas unter, der Regen hatte zugenommen und wäre ich bis jetzt sitzen geblieben hätte der Busch, unter dem mein Rucksack gelegen hatte, nach der Formel: Wasserabweisung eines Gewächses ist gleich die Menge des Niederschlags mal die einwirkende Zeit, das Wasser nicht mehr halten können. Irgendwann ließ der Regen dann doch nach und ich konnte weiterlaufen. Das war gar nicht mal so verkehrt, die Straße war um diese Zeit nicht stark befahren und verfehlen konnte ich diesen Weg auch im Dunkeln nicht. Nun war schon klar, dass ich mich von so etwas Regen nicht aufhalten lasse, jetzt wollte ich auch bis Rom, was ja bis hierhin noch gar nicht so sicher gewesen war. Inzwischen war ich auch schon in Ísola d'Árbia, so bin ich doch noch ein Nachtpilger geworden.
Unmittelbar nach einer Bar, die um diese Uhrzeit sogar noch offen hatte, fand ich wieder Hinweise auf den Pilgerweg, der hier rechts von der Straße ab geht, also nichts wie in die Bar und erst mal zwei Cappuccinos getrunken; wäre ja auch ein Witz, ein Musiker, der an einer Bar vorbei geht. etwas Bounconvento, viel Finger Dazu lief der Fernseher mit einem surrealen französischen Film aus der Mitte der 70er Jahre. Jaja, Charlotte Rampling war auch mal jung. Als ich dann von der Toilette kam dämmerte es, ich konnte weitergehen. Der Weg führte nun zwar über unbefahrene Feldwege, dafür wurde es schwieriger, den Schildern zu folgen. Schon nach kurzer Zeit konnte ich mich nur wieder an der Cassia-Straße orientieren. Ich kam durch Monteroni d'Árbia und lief an Lucignano d'Árbia vorbei; hinterher ist man immer schlauer: durch Lucignano hätte man laufen können und wäre somit nicht so lange auf der Hauptstraße unterwegs gewesen.
In Buonconvento gab es wieder eine wirklich zauberhafte Tourist-Information-Angstellte, neben Kartenmatierial bekam ich sogar ein ganzes Buch zu Übernachtungsmöglichkeiten in der Region. Ausgerechnet in Torrenieri, meinem eigentlichen Ziel, gab es kein Hotel. Das wäre höchstens meine erste Chance gewesen, in einem Hospital für Pilger zu übernachten.
In Torrenieri dann angekommen hätte ich nun wirklich bald auf eine Pizza, die ich in Buonconvento schon nicht bekommen hatte, Hunger gehabt. Irgendetwas trieb mich aber weiter und das kleine Stückchen bis nach San Quírico d'Órcia schaffe ich doch auch noch. Der Gag des Tages war, dass es dann genau zu regnen anfing, als ich diesen Ort betrat. So konnte ich mich zuerst unter einer mittelalterlichen Überführung unterstellen und als es auf dem Weg zum Hotel dann noch mal so richtig los ging unter das Vordach eines velassenen Geschäftes. Selbst die Gullys waren mit dieser Menge Wasser überfordert und ich konnte mir das Schauspiel relativ trocken anschauen. Um 19 Uhr war ich dann im Hotel, kam dem Verlangen nach Sauberkeit nach und aß später dort auch ein gutes Menü für 18 €, da kann man nicht meckern. So bin ich heute also 42,195 km gelaufen, wenn auch nicht in 2h04'26" sondern in rund 15 Stunden, hatte dafür aber auch 15 kg Gepäck dabei und ca. 300 Höhenmeter überwunden.

17. Tag